«Werbeverbote sind der falsche Weg»

    Volk und Stände befinden am 13. Februar über die Tabakverbotsinitiative

    Mitte-Fraktionschef Philipp Bregy sagt, warum die Volksinitiative «Kinder und Jugendliche ohne Tabakwerbung» zu weit geht, und schlägt einen alternativen Weg der Tabakregulierung vor.

    (Bild: apimedia) Nationalrat Philipp Matthias Bregy ist Fraktionspräsident der Mitte im Bundesparlament.

    Philipp Bregy, Sie lehnen die Initiative «Kinder und Jugendliche ohne Tabakwerbung» ab. Warum?
    Philipp Bregy: Dass es einen Schutz von Kindern und Jugendlichen braucht, ist unbestritten. Aber die Initiative schiesst über das Ziel hinaus, weil sie (a) auch Werbung für Erwachsene ausschliesst und (b) den Umstieg von der schädlichen Zigarette zu weniger schädlichen Tabakprodukten wie der E-Zigarette oder Snus verhindert. Die Initiative schüttet das Kind mit dem Bade aus, wie wir im Volksmund sagen. Besser ist das neue Tabakproduktegesetz, das Bundesrat und Parlament der Initiative als indirekten Gegenvorschlag gegenüberstellen. Es sieht ein landesweites Verbot des Verkaufs von Tabakprodukten an Jugendliche unter 18 Jahren vor und verbietet die Werbung in Medien, die sich spezifisch an Kinder oder Jugendliche richten.

    Der indirekte Gegenvorschlag tritt bei einem Nein zur Initiative direkt in Kraft. Stehen Sie 100 Prozent dahinter?
    100 Prozent zufrieden mit einer Vorlage ist man nie, aber ich sage klar Ja dazu. In der Politik sind Kompromisse unumgänglich, ganz besonders in einer direkten Demokratie, wie wir sie in der Schweiz haben. Das ist gut und richtig so. So werden Vorlagen erarbeitet, die austariert und auch im Volk in aller Regel mehrheitsfähig sind. Dies gilt insbesondere bei kontroversen Gesetzesdebatten, wie wir sie im Parlament auch zum neuen Tabakproduktegesetz hatten. Was mich allerdings mit Sorge erfüllt, ist der internationale Druck und ein falscher Drall, der auch im Rahmen der Debatte zum Tabakproduktegesetz erzeugt wurde.

    Welchen Druck sprechen Sie an?
    Die Weltgesundheitsorganisation WHO drängt die Länder zu einer möglichst umfassenden und einschneidenden Tabakregulierung, so auch die Schweiz. Sie fordert unter anderem möglichst hohe Steuern, Werbeverbote oder gar vollständige Verbote. Nach Ansicht der WHO sollten alle tabak- und nikotinhaltigen Produkte in gleicher Weise bekämpft werden, unabhängig von ihren individuellen Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen. Diese Forderungen à la «mehr ist besser» halte ich für falsch, weil sie undifferenziert sind. Ich bin überzeugt, dass wir künftig viel stärker in Richtung einer fein abgestuften Tabakregulierung gehen müssen. Es gibt eben auch Grautöne in dieser Sache. Je weniger schädlich ein Produkt ist, umso weniger straff sollte es reguliert werden. Die Anreize auf dem Weg zum kompletten Tabakverzicht müssen richtig gesetzt werden.

    Wie meinen Sie das?
    Nehmen wir zum Beispiel die tabakfreien Nikotinbeutel oder Snus. Diese sind um 95 Prozent weniger krebsfördernd als Zigaretten. In Schweden, wo Snus und Nikotinbeutel populärer sind als die Zigarette, ist der Anteil an Rauchern ungefähr halb so gross wie in der Schweiz, und der Anteil an Personen, die an den Folgen von Tabak sterben, ebenfalls. Natürlich ist es immer noch besser, gar keine Tabak- und Nikotinprodukte zu konsumieren, aber Alternativprodukte wie Snus oder Nikotinbeutel sind schon mal wesentlich besser. Und sie ebnen vielen Menschen den Weg zum Nichtrauchen. So zeigt eine Schweizer Studie des Online-Händlers SnusMarkt.ch aus dem Jahr 2020, dass rund 75 Prozent derjenigen, die in der Schweiz online Nikotinbeutel bestellen, früher Zigaretten geraucht haben und dank dem Umstieg damit aufhören konnten. Wenn wir also in der Schweiz künftig die Anreize zugunsten weniger schädlicher Tabakprodukte setzen, dann ist das sicherlich der richtige Weg.

    Alex Piazza

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